ADEL ABDESSEMED | ANETTA MONA CHIŞA & LUCIA TKÁČOVÁ | JIMMIE DURHAM | ANDREAS DUSCHA | PER DYBVIG | PAULE HAMMER | THOMAS HARTMANN | MARTIN KIPPENBERGER | ULRICH LAMSFUSS | HUMPHREY OCEAN | RENATO RANALDI | VALENTIN RUHRY | FLORIAN UNTERBERGER | STANLEY WHITNEY
Das Buch war für
bildende Künstler seit jeher ein Faszinosum. Ob als Gefäss, das Inhalte
umschliesst, als Objekt jenseits von Wort und Bedeutung, als toxisches Medium,
das mit bildnerischen Mitteln dekonstruiert werden kann, als Malgrund, der mit
ornamentalen Lettern und Figurationen bedeckt werden kann oder als Modul im
Rahmen einer Wertschöpfungskette. Der fundamentale Widerspruch zwischen Bild
und Text – das eine ästhetische Konfiguration, die simultan erfasst werden
kann, das andere narrative Struktur, die sequentiell decodiert wird – ist
gleichzeitig ein Agens in der wechselseitigen Befruchtung der beiden
künstlerischen Dispositive. Die Kunst kann unter dem Einfluss des Buches/ der
Buchkultur eine erzählerische Dimension entwickeln, das Textkonvolut im Banne
bildhafter Darstellungsformen ein materielles Substrat, das in seiner
Vorhandenheit/ Zuhandenheit vielleicht eine ganz andere Geschichte erzählt, als
die Buchstaben, die in ihm geborgen/ verborgen sein mögen.
Buch und Kunst: In
diesem Spannungsfeld spielt eine Dialektik der Welterfassung und der
Weltdeutung: Wo die demiurgische Kraft des einen Systems versagt, dort kommt
das andere zu Hilfe. Im durchaus konfliktreichen Zusammenspiel und auch im
ästhetischen Widerspruch, in der Aktivierung unterschiedlicher zerebraler
Areale und im sinn- und begriffslosen Staunen und Schaudern entfalten sich die
Potentiale existentieller Teleologien, die auf das Absolute zielen und im
Verfehlen das Mass des Menschlichen begründen.
(Thomas Miessgang, Wien 2015)